Die Vielfalt der Gemeinden und die Einheit der Christen
Stell dir einmal vor, du gehst in deine Lieblingseisdiele und musst feststellen: Dein favorisiertes Tiramisu-Eis befindet sich nicht mehr in der Eistheke - genauso wenig wie Stracciatella oder Malaga. Es gibt nur noch Vanille. Die einzige Sorte im Angebot ist Vanille - wie schrecklich! So wie die verschiedenen Eissorten einen Eisbecher erst richtig lecker machen, verhält es sich auch mit unseren Gemeinden.
Gott hat uns Menschen nicht als Serienmodell im Einheitslook geschaffen, sondern als einzigartige und unterschiedlich begabte Originale. Und die vielen unterschiedlichen Gemeinden und Konfessionen spiegeln das wider: Sie sind einzigartige Zusammenstellungen von einzigartigen Menschen. Das ist gut so, aber das ist auch der Grund für viele Probleme.
In diesem Artikel geht es um die Vielfalt der Gemeinden und warum diese keine Bedrohung, sondern normal, bereichernd und vielleicht sogar Gott-gewollt ist! Es geht aber auch um Einheit und welche riesige »Power« dahinter steckt.
In der Zeitmaschine zurück ins Jahr 55 nach Christus
Paulus sitzt an seinem Schreibtisch und ist frustriert! Schon wieder muss er einen Brief an eine der Gemeinden schreiben, die er vor wenigen Jahren selbst gegründet hat. Der Grund: es gibt handfesten Zoff in Korinth! Die Hälfte der Gemeindemitglieder sind der Meinung, dass sein Kollege Apollos den eigentlichen geistlichen Durchblick hat, während die anderen darauf beharren, dass man unbedingt ihm, Paulus, mehr Vertrauen in den konkreten Glaubens- und Lebensstilfragen schenken sollte.
Irgendwie scheinen es diese Korinther nicht geschnallt zu haben! Es geht im Christsein doch nicht um solche Äußerlichkeiten - wie z.B., wer wen besser findet. Das Zentrum der Gemeinde ist und bleibt Jesus! Um ihn allein geht es! Wie sich das im konkreten (Gemeinde-)Alltag auswirkt, kann ganz unterschiedlich aussehen. Statt sich damit auseinander zu setzen, steht die Gemeinde jetzt kurz vor einer Spaltung (siehe 1. Korinther 3,3-8).
Das Neue Testament ist voll von Briefen, die geschrieben wurden, weil es irgendwelche Probleme in irgendwelchen Gemeinden gab. Allerdings können wir im Neuen Testament (z.B. in der Apostelgeschichte) auch nachlesen, welche ungeheure Power und Dynamik es hatte, wenn nicht die natürlichen Unterschiedlichkeiten, sondern die Einzigartigkeit von Jesus im Mittelpunkt des Gemeindealltags stand: Die Anzahl der Jesus-People und damit auch die Anzahl der Gemeinden stieg explosionsartig an. Überall begannen die neuen Jesus-Nachfolger damit seine Liebe praktisch in die Tat umzusetzen. Die Sache mit Jesus war das Stadtgespräch.
Das ging so weit, dass die Gegner von Jesus und der Staatsapparat Schiss bekamen und anfingen diese neue Jesus-Bewegung massiv zu bekämpfen.
Beinahe 2000 Jahre später ...
Und wie sieht's heute aus? Auf der ganzen Welt gibt es Gemeinden unterschiedlichster Art. Unzählige Menschen um den ganzen Globus herum bezeichnen sich als Christen. Nach wie vor gibt es Länder, in denen die Gemeinde Jesu tierisch wächst.
Bei uns sieht das Bild allerdings oft anders aus. Vieles in unseren Gemeinden ist eingefahren. Statt durch Power und Dynamik zeichnen sich unsere Gemeinden oft eher durch Bürokratie und Grabenkämpfe innerhalb und außerhalb der eigenen vier Wände aus. Beispiele von Konkurrenzgetue oder Ablehnung anderer Christen und Gemeinden, die ihren Glauben nicht ganz genauso leben wie wir, kennt wohl jeder.
Und wir, die Jesus-People von heute, verhalten uns oft so, als ob Gemeinde für uns den gleichen Stellenwert hätte wie ein nicht besonders gut gepflegtes Zusatz-Hobby oder ein einschläfernder Gesangsverein. Die Jesus-Bewegung scheint heutzutage manchmal ganz schön auf der Stelle zu stehen. Natürlich und zum Glück gibt es auch sehr positive Ausnahmen.
Stell dir vor ...
... was passieren würde, wenn Christen sich nicht mehr um Musikstile, Kleiderordnungen und Gottesdienstformen streiten würden, sondern diese Energie und Zeit dafür einsetzen würden, den Menschen in ihrer Nachbarschaft Jesus-like was Gutes zu tun.
... wie entlastend und effektiv das wäre, wenn nicht jede klitzekleine Gemeinde sich abkrampfen müsste, mit den eigenen paar Mitarbeitern sämtliche 27 Kreise über Wasser zu halten; wenn unterschiedliche Gemeinden sich zusammentun würden, um z.B. gemeinsam mit »geballter Kraft« eine coole Jugendarbeit in der Stadt aufzubauen.
... welche Wirkung das hätte, wenn wir Christen nicht mehr schlecht über andere Christen reden würden, sondern wenn wir genau so viel Zeit dazu benutzen würden, um mit unseren nichtchristlichen Freunden und Mitschülern über Jesus zu quatschen!
... wie bunt, kreativ, vielfältig, ergänzend und einladend unsere Gemeindeveranstaltungen sein könnten, wenn wir nicht mehr gegeneinander, sondern ergänzend miteinander arbeiten würden; wenn wir nicht mehr nur unsere eigene Gemeinde, sondern »Gottes Gesamtkunstwerk« im Blick behalten würden.
... wie es wäre, wenn Jesus nächsten Sonntag als unbekannter Gast in deiner Gemeinde auftauchen würde und sich dort auf Anhieb willkommen fühlen würde, weil es um ihn geht und nicht um tausend Nebensächlichkeiten.
Was hat ein grüngestreifter Tiger mit einer Dose Ravioli zu tun?
Keine Ahnung. Was allerdings dieser Artikel mit dir und mir zu tun hat, kann ich dir sagen: Du bist Gemeinde! Wir sind Gemeinde! Wir gestalten und prägen die Gegenwart und die Zukunft unserer Gemeinden.
Natürlich sind wir nicht völlig selbstständig und auf uns allein gestellt. Natürlich können wir nicht immer nur tun, was wir momentan gerne tun würden. Und logisch, dass man sich auch manchmal produktiv um Nebensächlichkeiten streiten muss, dass manchmal auch Geduld, Verbindlichkeit und Ausdauer von uns gefordert werden. Klar und, dass oft andere mehr Weitblick, Erfahrung und Weisheit haben. Klar ist auch, dass letztendlich nicht wir Christen diese Power und Dynamik von uns her produzieren können, sondern dass immer der Heilige Geist dahinter steckt, wenn sich geistlich was bewegt.
Trotzdem fängt der Unterschied bei dir und mir an! Wir können neu beginnen, zu fragen: What would Jesus do? Und dann danach leben - zu Hause, in der Schule, in der Clique und auch in der Gemeinde. Und wer weiß – vielleicht startet mit dir eine neue Jesus-Bewegung in deiner Stadt! Oder sogar noch darüber hinaus!
Text_Andreas Frick möchte gern Teil der Jesus-Bewegung sein!
Was versteht die Bibel unter Gemeinde?
Im Neuen Testament finden wir unzählige Aussagen darüber, was Gemeinde ausmacht. Die wichtigste Feststellung ist wahrscheinlich, dass die Bibel unter dem Begriff »Gemeinde« beinahe immer das »große Ganze« versteht: Es geht nicht in erster Linie um die Gemeinde X oder die Gemeinde Y, sondern um Gottes Idee einer quasi weltweit vertretenen »himmlischen Außenstelle«. Die wird betreut und organisiert von seinem Bodenpersonal, also allen, die Christen sind und Jesus nachfolgen wollen. Dass diese »Außenstellen« zusammenarbeiten sollen und dass dabei nicht in erster Linie Gottes Bodenpersonal, sondern Gott selbst im Mittelpunkt des Geschehens stehen sollte, versteht sich von selbst!
Gemeinde, wird in der Bibel auch als »Leib Christi« beschrieben (Römer 12,5; 1. Korinther 12,27+28), dessen Haupt (also das Zentrum und Steuerorgan) Jesus selbst ist (Epheser 1,22; 4,15; Kolosser 2,19). An anderer Stelle vergleicht die Bibel Gemeinde mit einem Gebäude (1. Petrus 2,5), dessen Fundament ebenfalls Jesus ist (1. Korinther 3,11).
Die weltweite Gemeinde Jesu soll ein lebendiger Beweis und Hinweis auf Gott in unserer Welt sein. Sie soll sich dadurch auszeichnen, dass wir einander durch die unterschiedlichen Gaben, die Gott uns geschenkt hat, bereichern und Jesus ehren. Durch Einheit und durch die Liebe untereinander sollen die Menschen um uns herum auf Jesus aufmerksam werden (Johannes 13,35)!
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