Welcher Profisportler will schon in der zweiten Liga spielen? Welcher Sprinter möchte als Letzter ins Ziel kommen? Andi Balsam über sportlichen Ehrgeiz und was das mit erfülltem und radikalem Christsein zu tun hat.
Hast du schon mal irgendwas gemacht, um es eigentlich gar nicht zu machen? Nein? Bei Christen scheint das manchmal so zu sein. Man ist zwar Christ, aber man kümmert sich irgendwie gar nicht richtig drum. Man merkt zwar, dass es so, wie man es macht, gar nicht richtig funktioniert, aber man macht es auch nicht anders. Stattdessen ist man nach ein paar Jahren frustriert und hört auf - oder macht sogar noch weiter damit. Entsprechend unprickelnd ist das dann für einen selbst und für die, die so jemanden beobachten. Die denken dann: Also diese Christen sind ein komischer Haufen - echte Freaks.
Nebenher Olympiasieger
Paulus beschreibt sein Christsein als Wettrennen (1. Korinther 9, 24). Er will gut sein. Er will möglichst viel erreichen durch sein Christsein. Ist doch auch logisch. Wenn man sich für eine lebenslange Beziehung und einen radikalen Lebensstil entscheidet, dann macht man das doch nicht nebenher und schon gar nicht Jahre lang als Sonntagvormittagsbeschäftigung.
Niemand käme auf die Idee schnell mal nebenher Olympiasieger zu werden. Schon mal einen Fussballer getroffen, der lieber nicht aufs Tor schiesst, weil er ja den armen Torwart treffen könnte? Oder einen Marathonläufer, der vor allem Rückschritte macht? Niemals! Schon mal einen Trainer erlebt, der beim Spiel diejenigen aufstellt, die seit drei Monaten nicht mehr beim Training waren? Oder einen Speerwerfer, der den Speer an sich ablehnt, weil es früher einmal eine Waffe war? Bestimmt nicht.
Extrem untrainiert
Aber ich habe schon oft genug Christen gesehen, die extrem untrainiert sind. Sie kennen nur die Hälfte der Spielregeln, verpassen jedes zweite Training, kommen zu spät zum Spiel und sind dann extrem enttäuscht, wenn sie wieder das ganze Spiel auf der Ersatzbank sitzen. Es gibt Christen, die immer der Meinung sind, dass man das ganze Spiel vollkommen anders spielen müsste: Eigentlich bräuchte jeder ganz individuelle Regeln und Trainingszeiten. Man sollte den Rückschritt und den Stillstand als Trainingseinheiten akzeptieren. Der Trainer sollte nicht dauernd mit einem reden wollen und einem Tipps geben. Die Teambesprechungen könnte man eigentlich auf einmal im Monat beschränken - aber grundsätzlich sollte jeder Stammspieler natürlich auf seiner Lieblingsposition sein.
Ein bisschen mitgemacht
Woher ich diese Christen kenne? Ganz einfach: Ich war selbst einer. Ich war auch eher zufällig dabei. Mein Daddy war schon in dem Verein und ich bin dann eben auch hingegangen. Man war so dabei und machte eine bisschen mit. Ganz nett eigentlich, aber ich spielte eben kaum. Meine Einsätze waren kurz und nicht besonders erfolgreich. Über die Jahre wurde die Sache recht frustrierend. Nichts Halbes und nichts Ganzes. Man gibt da einigermassen viel Zeit und Einsatz rein, aber das Ergebnis ist ernüchternd - man könnte auch ohne das alles auskommen. Andererseits, man ist es gewohnt, hat 'n paar Kumpels, die ganz o.k. sind und na ja, was soll man auch sonst gross machen?
Attraktives Angebot
Eines Tages jedoch änderte sich alles. Der Trainer kam auf mich zu und sagte: "Hey Andi! Das, was du hier so spielerisch machst, ist doch für dich auch eher frustrierend. Du bist nicht so fit, dass du in der ersten Aufstellung spielen kannst, aber grundsätzlich hast du alles, was ein Spieler so braucht. Ich mache dir ein Angebot: Wir nehmen dich so, wie du bist, in den Stammkader auf. Dafür kommst du ab nächste Woche zu jedem Training, trainierst zusätzlich jeden Tag privat, kommst zu jeder Teambesprechung, spielst genau da, wo ich dich hinstelle und nimmst meine Ratschläge ernst. Du bekommst ein Extra-Training, das genau auf deine Fähigkeiten zugeschnitten ist und gehst mit ein paar anderen in eine spezielle Trainingsgruppe. Überleg's dir. In einer Woche will ich deine Antwort haben."
Das Leben umstellen
Das war fett. Das war megafett. Der Trainer traute mir mehr zu, als ich gedacht hatte und er bot mir an im Stammkader zu spielen. Absolut krass. Andererseits forderte er 'ne ganze Menge. Das war fast so was wie ein Fulltimejob. Da hätte ich den Verein auch gleich heiraten können. Es bedeutete zumindest, dass ich mein komplettes Leben auf den Verein umstellen müsste. Alles, was ich in Zukunft machen würde, hätte ich mit dem Verein und den Trainings abzustimmen. Und es würde bedeuten, dass ich meine meiste Kraft in den Verein investieren müsste. Aber hey, es war das, wovon ich immer geträumt hatte. Fast jeder bisherige Einsatz war echt cool gewesen. Die Stammspieler waren meine absoluten Vorbilder. Die Leute, die Extra-Trainings hatten, waren mit der Zeit echt besser geworden. Und eigentlich war ich ja in diesem Verein, um zu spielen - um gut zu spielen - um zu gewinnen.
Jetzt musste ich mich entscheiden. Bisher hatte ich so vor mich rumeiern können, aber jetzt war eine Entscheidung gefordert. Und irgendwie war es auch klar: Das, was bisher gewesen war, war echt öde, halbherzig und irgendwie fast umsonst. Die ganze Zeit, in der ich so vor mich hingedümpelt hatte, erschien mir plötzlich ganz unwirklich.
Mittelmässig rumgegurkt
Warum hatte ich die ganze Sache mit Jesus bisher so lahm angegangen? Es war doch klar, dass ich nicht nebenher Christ sein kann. Es war doch klar, dass es nicht klappt, wenn ich es halbherzig angehe. Es war doch klar, dass ich eine Beziehung zu Gott nicht eingehen kann, wenn ich ihn nicht kenne oder nicht besser kennen lernen will. Wie soll ich von jemandem lernen, mit dem ich kaum rede? Wie sollte ich Jesus nachfolgen und sehen, was Jesus dann mit meinem Leben alles macht, wenn ich dauernd woanders bin als neben ihm und nie das mache, was er vorschlägt?
Zum Glück war der Trainer von allein auf mich zugekommen und hatte mir dieses coole Angebot gemacht. Alleine wäre ich wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit so mittelmässig rumgegurkt. Ich will gar nicht wissen, was aus mir geworden wäre. Ist aber auch gar nicht nötig. Es war klar, dass ich im Stammkader spielen wollte. Gleich nächste Woche kam der Sprung ins kalte Wasser und danach war mein Leben nicht mehr dasselbe.
Keine leeren Versprechungen
Auf einmal wurde es spannend. Es passierte was mit meinem Alltag. Gott war da, real, neben mir. Wir waren zusammen unterwegs. Endlich war etwas zu spüren von diesem verheissenen erfüllten Leben. Endlich waren das alles keine leeren Versprechungen mehr, die sich sonst nur bei den Superheiligen zu bewahrheiten schienen. Endlich wurden die Dinge aus der Bibel lebendig. Ich erlebte Sachen mit Gott. Er gebrauchte mich. Es wurde normal und begeisternd anderen von Gott zu erzählen. Auf einmal war es voll und ganz meine Sache Christ zu sein. Ich fing an zu verstehen, warum die Autoren der Bibel so begeistert waren und warum alle, die im Stammkader spielten, so happy waren. Wir gewannen nicht jedes Spiel, ich musste noch viel lernen, musste auf vieles verzichten, es gab Durststrecken, wir sind sogar mal abgestiegen und haben Stammspieler verloren. Aber eins ist absolut klar: Ich will nie wieder zurück. Was soll ich da?
Aufsteigen und Profi werden
Wie sieht's bei dir aus? In welcher Liga spielst du? Gehst du regelmässig zum Training? Schon mal in der ersten Aufstellung gespielt? Hast du schon mal so Phasen gehabt, wo du voll mit Gott lebst: einzelne Erlebnisse, wo du denkst, der Himmel ist so nah; wo du spürst, dass Gott absolut real ist, dass das ganze Leben anders sein könnte? Gott bietet es jedem an, im Stammkader zu spielen. Jede und jeder bekommt Extra-Trainings. Sein Geist kennt alle Spieltaktiken.
Wenn ein Verein zum ersten Mal in die erste Bundesliga aufsteigt, singen alle Fans und Spieler: "Nie mehr zweite Liga, nie mehr, nie mehr!" Ich sage dir eins: Spiel nicht zu lange in der zweiten Liga. Jeder kann aufsteigen und Profi werden. Es ist cool in Gottes Erstligaverein. Come on! Radikal sein bringt's für dich nur, wenn du es selbst bist.
Text_Andi Balsam spielt schon ein paar Jahre erste Liga - zur Zeit ist er beim theologischen Extra-Training in Berlin und macht sich fit für die nächste Saison.
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