Es geht um eine tolle Typin und zwar um die Holländerin Corrie ten Boom. Wer von ihr noch nix gehört hat und jetzt an Käse, Windmühlen oder Holzpantoffeln denkt, sollte lieber weiterlesen, denn nicht alle Holländer leben in Wohnwagen ... Corrie (kurz für Cornelia) zum Beispiel wächst als jüngste von vier Geschwistern in einem großen Haus auf. Natürlich erst nachdem sie 1892 geboren wurde. Ihr Vater ist Uhrmacher, ihre Mutter schwer krank. Sie stirbt früh. Nach einer Uhrmacher-Lehre unterrichtet Corrie zusammen mit ihrer Schwester Betsie behinderte Kinder und Jugendliche und erzählt ihnen von Jesus und seiner Liebe zu allen Menschen.
Corrie als Schmugglerin
Die Jahre vergehen, die Töchter heiraten nicht, das Geschäft läuft gut. In Deutschland ist inzwischen ein gewisser Adolf Hitler an der Macht und bald auch mit seinen Truppen an den Grenzen zu Polen, Frankreich und - den Niederlanden. Corries Heimat wird besetzt - überall sieht man Deutsche in Uniform - überall hört man »Heil Hitler«. Zunehmend geraten die Juden unter Druck. Dass man nicht erwünscht ist, wissen sie schon lange. Dass es jedoch zu Verfolgung, Verschleppung und Ausrottung kommen wird, wagt niemand zu glauben. Das Haus der ten Booms wird zum Unterschlupf für viele Juden. Zuerst ist es nur ein Baby, das ins Haus und dann über die Grenze geschmuggelt wird. Was so »klein« anfängt, entwickelt sich zu einer organisierten Untergrundarbeit. Das Haus eines Uhrmachers wird zum jüdischen Gästehaus. Da wird ein Professor verkleidet um ihm die Flucht zu ermöglichen. Neue Wände werden errichtet - das Haus teilweise geheim umgebaut. Kontakte werden geknüpft. Lebensmittelkarten besorgt - und, für den Notfall, Alarmübungen durchgeführt. Corrie und ihre Familie opfern sich auf: für ein Volk, das zeitlebens heimatlos war.
Corrie als Häftling
Dann, mit einem Mal, ist alles aus: Durch eine Razzia kommt die Gestapo (die deutsche geheime Staatspolizei) den »Machenschaften« der ten Booms auf die Spur. Eine Menge Verhöre müssen sie über sich ergehen lassen, bevor sie in eine Haftanstalt kommen. Der alte Vater hält die Transporte und das Gefängnis nicht lange aus und stirbt. Corrie und Betsie landen letztendlich im Konzentrationslager Ravensbrück. Jetzt beginnen für beide die bittersten Monate ihres Lebens: täglich Schwerstarbeit (Steine schleppen in sengender Hitze, Holz sammeln in eisiger Kälte), dazu 0,5 Liter Gemüsesuppe und 0,5 Pfund Brot - pro Tag! Corrie kommen Zweifel - täglich wächst bei ihr der Hass auf die Nazis. Von ihrer Schwester wird sie immer wieder ermutigt nicht aufzugeben. Selbst im Arbeitslager helfen die beiden den anderen Frauen und erzählen von Jesus weiter, bis Betsie krank wird, ins Lazarett verlegt wird und stirbt. Nachdem man Corrie dazu zwingt zu unterschreiben, dass alles im Lager human zugegangen sei (unglaublich!), kommt sie am 28.12.1944 durch einen Irrtum (wahrscheinlich hatte sich jemand in den Akten vergriffen) frei. Kurz darauf werden die verbliebenen Häftlinge getötet.
Corrie als Predigerin
Corrie kann alles, was sie bis dahin erfahren hat, nicht für sich behalten, predigt und schreibt Bücher und vermittelt so die Liebe Gottes allen, denen sie begegnet. Ihr Bestseller-Buch »Die Zuflucht« wird verfilmt und ist sehr lesens- und sehenswert. (Ohne das hätte ich hier nicht viel schreiben können.) Genau an ihrem 91. Geburtstag stirbt Cornelia ten Boom - eine tolle Typin! Übrigens: In dem Haus der ten Booms ist jetzt wieder ein Uhrmacher zu finden - Gott sei Dank braucht er keine Juden mehr zu verstecken!
Text_Tobias Engel war zwar noch nie Schmuggler, Häftling oder Prediger, weiß aber, dass es so manches Mal anders kommt, als man sich vorstellt.
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