Zwei Sorten Menschen
Getrennte Wohnviertel, getrennte Schulen, getrennte Restaurants, getrennte Kinos, getrennte Sitzplätze im Bus - schon früh lernt Martin, dass es in seiner Welt zwei verschiedene Sorten von Menschen gibt: Schwarze und Weiße. Denn Georgia, der US-Staat, in dem er 1929 geboren wird, ist von der Rassentrennung und der Diskriminierung der Schwarzen ganz besonders geprägt.
Als Sohn eines Baptistenpredigers lernt Martin aber noch zwei andere Dinge: Jesus will, dass man sogar seine Feinde liebt (Matthäus 5, 44). Und: Man muss Ungerechtigkeiten und Diskriminierung nicht einfach hinnehmen.
Ohne Bus ans Ziel
Einige Jahre später: Martin Luther King ist nach seinem Studium als Pastor nach Montgomery/Alabama gezogen und hat gleich angefangen, seinen Gemeindemitgliedern klar zu machen, dass sie nicht weniger wert sind als die Weißen.
Als im Dezember 1955 Rosa Parks verhaftet wird, weil sie sich geweigert hat, ihren Sitzplatz im Bus für einen Weißen zu räumen, ist allen klar, dass jetzt etwas geschehen muss. Martin Luther Kings oberstes Gebot ist aber: »Wir wollen allen Menschen - auch den Weißen, die uns hassen - Jesu Liebe entgegenbringen. Auch ohne Gewalt können wir unser Recht erhalten.«
Also wird beschlossen, die Busse zu boykottieren - eine gewaltlose, aber wirkungsvolle Methode. Und fast alle machen mit: Etwa 98% aller Schwarzen, die gewöhnlich den Bus benutzen, gehen zu Fuß - oder suchen sich andere Transportmittel: Taxis, Autofahrgemeinschaften, Einspänner, sogar Mulis. Die Angelegenheit kommt schließlich bis vors oberste Bundesgericht. Und nachdem die schwarzen Bewohner von Montgomery ein Jahr lang stolz zu Fuß gegangen sind und die Busgesellschaft kurz vor der Pleite steht, erhalten sie die Nachricht: Die Rassentrennung in Bussen verstößt eindeutig gegen die amerikanische Verfassung! Jubel überall - aber nun geht der Kampf erst richtig los. Denn das wollen sich die Weißen natürlich nicht gefallen lassen.
Nicht zurückschlagen
Aber Martin Luther King hat seine Leute gut vorbereitet: Es ist ihm wichtiger als alles andere, dass niemand, der angegriffen wird, zurückschlägt! Es gibt regelrechte Trainingseinheiten für die Schwarzen: In »gespielten« Situationen werden sie angepöbelt, geschlagen, kriegen Eier ins Gesicht geklatscht - und lernen, sich trotzdem ganz ruhig zu verhalten und alles über sich ergehen zu lassen. Diese »Taktik« wird ihnen später bei noch vielen anderen Aktionen helfen. Aber Martin Luther King betont immer wieder: »Es darf keine Taktik sein. Die Gewaltlosigkeit muss aus der Überzeugung heraus kommen, dass ich als Christ alle Menschen lieben soll.«
I have a dream
Und Martin kämpft weiter, ohne Gewalt, aber gegen die Gewalt. Er erträgt es, dass man ihn beleidigt, anpöbelt, verprügelt, verhaftet, Attentate auf ihn begeht, Bomben auf sein Haus wirft. Er führt riesige Demonstrationen an, hält seine berühmte Rede »I have a dream«, wird mit dem Friedensnobelpreis geehrt und schließlich - am 4.4.68 - wegen seines gewaltlosen Kampfes gewaltsam getötet.
Martin Luther King ist tot, aber er hat durch seine Art des Widerstandes erreicht, dass jede Art von Rassendiskriminierung in den USA offiziell verboten wurde. Und er hat bewiesen, dass keine »Hau-drauf-Methoden« nötig sind, um die Welt zu verändern.
Text_Christiane Henrich steht total auf Black Gospel - und auf Kamerun, das Land, in dem sie geboren wurde.
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