Behinderte soll man »ganz normal« behandeln, heißt es immer wieder. Das ist aber gar nicht so einfach. Denn viele Teens haben keinen oder nur wenig Kontakt zu behinderten Jugendlichen, die meistens andere Schulen besuchen als die Nichtbehinderten. Doch es gibt Ausnahmen wie die Schule von Christine und Mareike.
Wenn Christine (17) und Mareike (15) morgens in die Schule kommen, drängen sich vor dem Haupteingang bereits die weißen Kleinbusse eines Fahrdienstes. Sie bringen die behinderten Schülerinnen und Schüler, die nicht alleine mit der Bahn kommen können, zur Matthias-Claudius-Schule in Bochum, einer privaten christlichen Schule. Mareike und Christine selbst sind nicht behindert, so wie die meisten ihrer Klassenkameraden. Ihre Schule ist eine der wenigen, die von behinderten und nichtbehinderten Jugendliche gemeinsam besucht wird. In jeder Klasse werden drei bis vier behinderte Jugendliche zusammen mit den Nichtbehinderten unterrichtet. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Zwar haben viele der behinderten Mitschüler Freunde an der Schule gefunden und werden voll akzeptiert, aber gerade die Lernbehinderten haben es oft schwer. »Die Integration ist nicht immer so der Hit!«, erklärt Mareike.
Eine Klasse - zwei Lehrer
Wie alle andern Schüler haben auch Mareike und Christine zwei Klassenlehrer - einen Fachlehrer und einen Sonderpädagogen, der sich vor allem um die behinderten Schüler kümmert. Zusätzlich zum Klassenraum gibt es noch einen kleinen »Differenzierungsraum«, damit jeder genügend gefördert und gefordert werden kann. Aber gerade im Sportunterricht gelingt den Lehrern das oft nicht. »Dann müssen die Schüler aushelfen, die aus irgendeinem Grund nicht mitmachen können«, erklären die Mädchen.
Christine ist noch nicht so lange auf der Matthias-Claudius-Schule (kurz MCS). Sie musste sich am Anfang daran gewöhnen, wie man mit den einzelnen Behinderten umgeht. Gerade die geistig Behinderten muss man erst genau kennen lernen. Aber dann kann man viel Spaß mit ihnen haben.
Mareike hat sich mit Kristina angefreundet, die im Rollstuhl sitzt. »Wenn wir mit dem Rolli in der Stadt sind, gucken die Leute manchmal komisch, aber das stört uns längst nicht mehr.«
Nicht alles perfekt
Seit den letzten Sommerferien verkaufen ehemalige, behinderte Schüler am Schulkiosk Getränke und Pausensnacks. Oder sie arbeiten in der Schulkantine. Weil die MCS eine Gesamtschule ist, geht der Unterricht oft bis 16 Uhr, deshalb wird mittags ein warmes Essen angeboten. Die ehemaligen Schüler haben sich gefreut wieder zu ihrer Schule kommen zu dürfen. Ganz alleine schaffen die geistig Behinderten die Arbeit zwar nicht, aber darauf kommt es gar nicht an. Schüler und Lehrer finden es toll, dass so ein Projekt funktioniert und haben keine Probleme damit, wenn nicht immer alles perfekt ist.
Christine und Mareike finden es gut, dass sie ganz alltäglich und quasi nebenbei lernen behinderte Menschen zu integrieren. Christine meint sogar: »Ich kann jedem nur empfehlen auf unsere Schule zu kommen.«
Text_Sarah Kompa besucht die elfte Klasse der Matthias-Claudius-Schule.
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