Das Stichwort „Strassenevangelisation“ weckt bei Christen sofort Assoziationen: langhaarige Hippies, die mit ihrer Klampfe Evangeliumslieder auf der Gasse spielen, wilde Harakiri-Prediger, die mit Bibel und Holzkiste bewaffnet vor dem Einkaufszentrum stehen oder Pantomimen-Gruppen, die begleitet von scheppernden Ghettoblastern eine biblische Geschichte spielen.
Diese christlichen „Phänomene“ sind weitgehend verschwunden, seit den 90er Jahren gelten Freundschaftsevangelisation und sogenannte Gästegottesdienste als zeitgemässe Umsetzung des Missionsauftrags. Sollen wir darum die „Strassenevangelisation“ begraben? Die oben genannten Erscheinungsbilder haben meistens zu Recht an Attraktivität eingebüsst, allerdings macht seit einiger Zeit eine neue alte Form von Strassenevangelisation von sich reden: EE (Evangelisation Explosiv, vergleiche www.evangelisation-explosiv.org). Begeisterte Echos von Kursteilnehmern und Berichte von erstaunlichen Bekehrungen haben mein Interesse geweckt. Vorerst noch etwas skeptisch, habe ich dann im Juli 03 selber an einer EE-Schulung in Luzern teilgenommen. Was ist nun EE? Bei EE lernt man in Verbindung eines Gesprächleitfadens mit dem persönlichen „Zeugnis“ wie man effektiv und zielgerichtet mit Menschen über die wesentlichen Punkte des christlichen Glaubens reden kann. Der Einstieg ins persönliche Gespräch erfolgt über einen kurzen Fragebogen oder einen kreativen Aufhänger: “Komm und sieh“ heisst das biblische Prinzip, das hinter dem Kurs steht: zuerst wird dem Trainer einfach beim Gespräch auf der Strasse zugesehen und in der zweiten Hälfte des Kurses gilt es dann ernst, ich führe die Gespräche und ein Trainer unterstützt und ergänzt mich oder übernimmt das Gespräch, wenn ich festgefahren bin ...! EE ist nicht nur für die Strasse (obwohl man dort am schnellsten lernt), sondern auch für persönliche Gespräche mit Freunden und Familie. Der Kurs war der Hammer! Das beste, was ich in den letzten Jahren gemacht habe! Noch vor ein paar Monaten dachte ich, na ja Strassenevangelisation ist doch wohl vorbei ... - ich habe mich getäuscht ... - in diesen fünf Tagen haben wir Dutzende von guten bis sehr guten Gesprächen gehabt, den Leuten das Evangelium nahe gebracht und in dieser kurzen Zeit haben sich mehr Leute bekehrt und taufen lassen als Menschen während Jahren durch evangelistische Gottesdienste in unserer Gemeinde zum Glauben gekommen sind. Höchst erstaunlich!
EE ist nicht die einzige Art von Evangelisation, logisch, aber kurz drei Gründe, warum ich überzeugt bin, dass diese Form auch im 21. Jahrhundert aktuell und von Bedeutung ist:
1. Persönliche Herausforderung: Obwohl ich als Teenie mit einer ähnlichen Form bereits viel Erfahrung gesammelt habe, bin ich neu herausgefordert worden, meine Menschenfurcht abzulegen, bzw. „zu sterben“ und Gott wirken lassen. Solche mutigen Schritte stärken und vertiefen unsere Gottesbeziehung. Ohne Gebet und Abhängigkeit von Gott läuft nichts!
2. Ergänzung zu anderen Methoden: Es gibt heute nicht DIE Form von Evangelisation. Wir brauchen verschiedene Ansätze, die sich gegenseitig ergänzen. Persönliche Evangelisation bleibt zentral, aber selbst wenn jeder 3 VIPs zum Glauben führt, bleiben noch Millionen von Unerreichten.
3. Geh-Struktur und Multiplikation: Jesus hat seine Jünger eine „Geh-Struktur“ gelehrt (vergleiche Matthäus 10, 7; 18, 12; 28, 19). In vielen Gemeinden hat sich dagegen eine „Komm-Struktur“ eingebürgert. Wir warten, bis sich Gäste zufällig in der eigenen Kirche verirren, statt offensiv zu den Menschen hinzugehen. Jeder, der die EE-Schulung besucht hat, kann sofort selbst Trainer werden und wird so zum Multiplikator (vergleiche 2. Timotheus 2, 2).
Text_Mike Bischoff
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